Massenmord in salonfähiger Aufbereitung: Oppenheimer, USA 2023

Das hellste Licht seit der ersten Lebensform auf diesem Planeten, infernalisches Donnergrollen, der Hölle Feuer und eine zwölf Kilometer hohe Aschewolke kündeten am frühen Morgen des 16. Juli 1945 im Süden New Mexicos vom Ende der Unschuld der Physik. Die erste Atombombe mit Namen Trinity war gezündet und das Manhattan-Projekt ward fortan der Stolz amerikanischer Geschichtsschreibung. In den Stunden danach fand sich das von 1942 bis 1945 im Geheimen operierende Massenvernichtungsprojekt wieder im Freudentaumel. Die Beteiligten feierten sich selbst, frenetischer Jubel rollte ihrem Projektleiter Robert „Oppie“ Oppenheimer entgegen.

Die Atombombe als neugeschaffene Massenvernichtungswaffe fand sofort und in Absence aller Menschlichkeit ihre Anwendung. Drei Wochen nach dem initialen Trinity-Test passierte der heimtückische Massenmord auf die Einwohner zweier japanischer Städte. In Hiroshima starben sofort 70000 Menschen, drei Tage darauf wurden in Nagasaki 36000 Menschenleben ausgelöscht. Insgesamt und unter Einbeziehung der Spätfolgen der radionuklearen Strahlung fielen beiden staatlichen Massenmorden Millionen Menschen zum Opfer. Die Schuldigen sind alle beteiligten Entscheidungsträger und ihre willfährigen Erfüllungsgehilfen, ganz weit vorn Julius Robert Oppenheimer.

Über den Film

Drei Stunden Filmlänge können im Kino naturgemäß spürbar werden, so viel ist sicher. Aber immerhin, der szenenreiche Film lässt keine Langeweile aufkommen. Das Hin- und Herspringen zwischen Zeit und Ort innerhalb der Handlung tut das Übrige. Von der Langeweile lässt sich insofern nicht sprechen, jedoch ebensowenig wie von einer herausragenden Güte des Streifens. Unerkennbar bleibt im „Oppenheimer“ für mich der rote Faden, die Intention, die Aussage hinter dem Gezeigten. Unentschlossenheit in Erzählung, Schnitt und zeitlicher Gewichtung dominieren die Leinwand.

Im kurzer Hast gewährt der Kinofilm „Oppenheimer“ einen Blick auf des jungen Oppenheimers akedemische Entwicklung, eine Ahnung wird möglich ob seiner Intelligenz wie auch seines wissenschaftlichen Leuchtens. Er wird treffend als ständiger Raucher portraitiert, als Kundiger alter vedischer Schriften und der Sanskritsprache, als durchaus am anderen Geschlecht interessierte Seele, als jemand der Pflichterfüllung gegenüber willfähriger Akteur.

Nur am Rande gestreift werden die großen wissenschaftlichen Genies der ersten Hälfte des vergangenen Jahrhunderts: Einstein, Bohr, Fermi, Feynman und ja, wenngleich auch mit höherem Anteil an der Handlung, der spätere „Vater der Wasserstoffbombe“ John von Neumann. Aber hier tut sich das für mich Unvergessliche am Streifen auf, so gekonnt schauspielernd habe ich Robert Downey Jr. seit seiner Verkörperung des Charlie Chaplin im Jahre 1992 nicht mehr gesehen. Famos auch Aussehen und Auftritt von Josh Hartnett, erstmalig als richtiger Schauspieler zu bewundern. Möge ihm seine Nebenrolle auf ewig zum Vorteil gereichen. Der Hauptdarsteller Cillian Murphy hingegen fiel auf durch fehlerfreies wie unbedeutendes Auftreten. Immerhin ist sein asketisches Äußeres des historischen Vorbilds würdig

Über des Films Regisseur und von Werner Herzog

Christopher Nolan hat Batman gemacht. In „The Dark Knight“ hatte Director Nolan bereits die Zusammenarbeit mit Cillian Murphy, dieser dort in der Rolle des diabolischen Psychiaters Scarecrow. Und hier lässt sich sagen, waren Regisseur und Antagonist gut aufgehoben. Vielleicht, so der Gedanke, hätten die 100 Millionen Dollar Budget für Oppenheimer einem anderen Gespann Besseres abgerungen.

Ach, wäre dieses Werk doch nur entstanden in der kundigen Mache eines Werner Herzog und mit der ihm zugestandenen Freiheit des künstlerischen Tuns. Zweifelsohne geriete „Oppenheimer“ zum grandiosen Film, gleich der unbändigen Kraft einer detonierenden Atombombe weit über das Areal des Unterhaltungsfilms hinaus.

Nun, man kann drei Stunden Lebenszeit besser verbringen, aber auch schlechter. Und noch hintendran: Einem Spielfilm dieses Stoffs und mit diesem weltweiten Publikum stünde ein Abspann mit historischen Aufnahmen aus Hiroshima und Nagasaki mehr als gut zu Gesicht. Ruhig zehnminütig und als Mahnmal an alle Kriegstreiber dieser Tage.

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